Kirnberg: Gemeinde Gebsattel

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Kirnberg

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Ein idyllischer Ort am Fuße der Frankenhöhe

Unmittelbar am Fuße der Frankenhöhe liegt der Ortsteil Kirnberg, der mit den Weilern Pleikartshof, Speierhof und Wildenhof bis 1972 selbständige Gemeinde war.

Die evang. luth. Pfarrkirche St. Maria, eine Saalkirche mit Polygonchor und Westturm stammt aus dem 13./14. Jahrhundert. Ebenfalls aus dem Mittelalter stammen Teile der Umfassungsmauer mit Wegbefestigung und Treppenanlagen.
Das Portal stammt aus dem Jahre 1748.

Als Baudenkmäler wurden außerdem eingestuft:

  • das ehemalige Pfarrhaus, ein zweigeschossiger verputzter Massivbau,(19. Jh.),
  • das ehemalige Schulhaus, im Fachwerkstil mit Halbwalmdach, bez. 1909,
  • eine Scheune, zu Haus Nr. 1 gehörig, ein stattlicher Fachwerkbau mit Halbwalmdach. 

Siedlungsentwicklung des Ortsteils Kirnberg

Kirnberg, das früher Kürnberg, Kürenberg und Kurenberg hieß, verdankt seinen Namen der ehemaligen Dorfmühle. Kirn (Kürn) ist ein mittelhochdeutsches Wort und bedeutet Mühle oder Mühlstein (kürnen = mahlen, zermahlen). Kirnberg ist also der Berg an oder bei der Mühle. Der Ort und seine zugehörigen Weiler Wildenhof, Pleikartshof und Speierhof sind wohl Ausbauorte von Gebsattel. Die Gründung wird im 9. oder 10. Jahrhundert vermutet. Zu dieser Zeit haben ritterliche Adelsfamilien mit der Anlage von Turmhügeln (Frühburgen) Flächen erschlossen. Gern setzte man solche Turmburgen in aufgestaute Wasserläufe oder - wie in Wildenhof - an den Rand eines Weihers, weil das umgebende Wasser die Sicherheit der Anlage erhöhte.
Der ehemalige Turmhügel von Kirnberg ist im Katalog für Vor- und Frühgeschichte wie folgt beschrieben: "Der fast völlig verschwundene Turmhügel lag in einem künstlich eingegrabenen etwa rechteckigen, fast quadratischen Weiher von 60 zu 55 m im Tal des Wildenhofer Baches, direkt südlich des Bachlaufes in seinem Hochufer. Von seiner Nordostecke aus führte ein 70 m langer, 7 - 12 m breiter Graben zum Bach hin, durch den der Weiher aufgefüllt werden konnte. Ein Abfluss befand sich wohl im Südwesten, wo das Gelände in die flache Talmulde übergeht. Im Nordteil des Weihers lag der rundliche, leicht ovale Turmhügel mit seinem Basisdurchmesser von etwa 35 zu 30 m. Über seine Höhe und die Größe des Plateaus lassen sich keine Angaben mehr machen, doch dürfte er nach der Menge des für den Weiher ausgehobenen Erdmaterials seine Umgebung um ein Beträchtliches überragt haben. In den Jahren um 1920 wurde der Hügel zur Feldmelioration fast völlig abgegraben; der Graben (Grund des Weihers) ist heute höchstens noch zwei Meter tief, der rundliche Buckel, der den Rest des Turmhügels darstellt, erhebt sich noch gut einen Meter über ihn. Urkundlich ist eine Burg Kirnberg in der 1. Hälfte des 13. Jh. erwähnt."

Die Burg Kirnberg ist vermutlich im 15. Jahrhundert, ebenso wie der Turmhügel in Wildenhof, zerstört worden. Eine zerstörte Burg wurde als "Burgstall" bezeichnet. In Kirnberg besaß Heinrich Toppler 1408 neben mehreren Anwesen noch ,,den Wassergraben um den Burghof". Die Burg Kirnberg selbst existierte offenbar zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Insbesondere der Dreißigjährige Krieg führte schon 1641 zu einer Verödung von Kirnberg und seinen Nebenorten. Die Pest tat ein Übriges.
1618, zu Kriegsbeginn, hatten in Wildenhof und Speierhof je drei Familien, in Pleikartshof zwei Familien und in Kirnberg sieben Bauernfamilien gewohnt.
1641 waren es insgesamt nur noch drei Familien.
1657 hatte Kirnberg wieder sieben bewirtschaftete Anwesen, die Außenorte waren noch unbewohnt.

Quelle: Kirnberg, Chronik eines fränkischen Dorfes
Autor: Anton Müller, 1985

Die Heiratsmühle von Kürenberg

von Hans Bauer

Von der altehrwürdigen Kirnberger Dorfmühle soll im Folgenden nicht die Rede sein. ,Die Heiratsmühle , mit der wir uns beschäftigen wollen, ist etwas ganz anderes, ist das Kirnberger Pfarrhaus gewesen. Nicht das heutige! Dieses ist erst 1848 auf seinem heutigen Platz erbaut worden und hat mit seinen 2 bis 5 Hochzeiten im Jahr keinerlei Anspruch auf einen solchen Ehrentitel. Aber das alte, das unmittelbar an der Südwest-Seite der Friedhofsmauer unter der mächtigen Kirchenlinde sein Dach erhob, ist im 18. Jh. etwa drei Menschenalter lang ein wahres Heiratsparadies gewesen, das besonders aus dem fahrenden Volk alle Heiratslustigen anlockte wie ein Apfelschnitz die Mücken. An die 500 Paare, das sind fast l.000 Menschen, stolperten in den Jahren von etwa 1750 bis 1806 den buckligen Kirchenweg hinauf und ließen sich teils in dem uralten Marienkirchlein, noch öfter aber privatim in dem komburgischen Pfarrhaus zusammengeben. Diese Heiratsmühle wollen wir jetzt betrachten und dabei unsere Aufmerksamkeit zunächst einmal den "Müllern" zuwenden, die in ihr wirkten, sodann aber auf das "Wasser" richten, das sie durchströmte.

1. Was war der Grund dafür, dass Kirnberg eine solch merkwürdige Sonderstellung unter den rothenburgischen Pfarreien einnehmen konnte? Das war zunächst einmal die große Armut des Pfarrers. Das katholische Ritterstift zu Komburg, welches das Patronat für Kirnberg innehatte, konnte hier zwar den lutherischen Pfarrer nicht mehr abschaffen, aber es suchte ihm doch auf andere Weise das Wasser abzugraben. Von dem Kirnberger Pfründegut zog Komburg in den Notzeiten nach dem 30-jährigen Krieg, in denen Kirnberg 21 Jahre lang (1641-62) von Neusitz aus versehen wurde, 12 Morgen Äcker (heute etwa 7.2 ha!) und 8½ Tagwerk Wiesen (heute etwa 4,27 ha!) weg, so dass der Pfarrer ganze 1½ Tagwerk Wiesen behielt, also nicht mehr imstande war, seinen Lebensunterhalt selber zu bauen. Eine weitere Folge dieses Verlustes an Grundbesitz war im 19. Jh. der Verlust auch des Gemeindeweiderechtes. Wir begreifen, dass unter diesen Umständen dem Pfarrer jede Vermehrung seiner Einkünfte hochwillkommen sein musste. Ein weiterer Grund aber liegt in der »freundnachbarlichen« Gesinnung des komburgischen Amtmannes von Gebsattel gegenäber der freien Reichsstadt Rothenburg. Wenn sich diesem eine Gelegenheit bot, die würdigen Perücken der ehrbaren Ratsherren in zornige Bewegung zu versetzen, so versäumte er dieselbe mitnichten! So gab er auch dem komburgischen Pfarrer von Kirnberg, der in einer rothenburgischen Kirche und in einer überwiegend rothenburgischen Gemeinde wirkte, mit Freuden immer wieder die Genehmigung zu einem Tun, das ein ehrbarer Rat nur mit Unwillen als groben Unfug bezeichnen musste, aber leider nicht unterbinden konnte, da die Copulationen ja in dem komburgischen Pfarrhaus vorgenommen wurden.

Aus der Inschrift des Epitaphs an der Längsseite der südlichen Außenwand ist zu entnehmen, dass Pfarrer Friderich Ackermann, der Initiator der Kirnberger "Heiratsmühle", 1776 bei einem Verkehrsunfall (Sturz vom Pferd) ums Leben kam. Das muntere Klappern unserer Heiratsmühle begann während der langen Amtszeit des Pfarrers Johann Friedrich Ackermann (1727-76). Von ihm legt heute noch ein kunstvolles Epitaphium an der Außenwand der Kirche Zeugnis ab, und wenn wir dort lesen, dass er nach 49-jähriger Amtszeit in seinem 85. Lebensjahr des Todes verblieben sei, dann wollen wir uns dabei merken, dass dieser alte Mann nicht etwa auf dem Stroh oder in den Federn eines Krankenbettes sein Leben aushauchte, sondern es durch einen Sturz von seinem scheuenden Pferde (ex equo fero delapsus) bei Siechhaus verlor (das ging also auch unmotorisiert ganz gut!), als er von der Rechnungsablage in Rothenburg nach Hause ritt. Sein Nachfolger, Pfarrer Albrecht Daniel Sandel (1776-83), der im Jahre 1777 in Kirnberg als wohl dem ersten rothenburgischen Dorf die Konfirmation einführte, verwarnt in einer langatmigen Ausführung seine Nachfolger aus brüderlicher Liebe, »sich allen Copulierens fremder Leute, besonders des hergelaufenen Lumpengesindels« inskünftig zu enthalten. Aber sein Nachfolger Pfarrer David Ludwig Gräter (1785-1800) entkräftet diese Mahnung durch seine Notiz: »Und Herr Pfarrer Sandel, der aus lauter brüderlicher Liebe diese Warnung hierher geschrieben, hat viele dergleichen Copulationen vorgenommen, nur mit dem Unterschied, dass er keine solche Copulation, wie sein Herr Vorgänger Ackermann es doch getan, eingeschrieben.« Wir können also beruhigt sein, die Heiratamühle von Kürenberg hat ohne jede Unterbrechung weitergeklappert, Gräter führte sie sogar zu einer ungeahnten Blüte von oft 20, 30 ja einmal sogar 50 Einträgen pro Jahr. Erst nach ihm wurde das Klappern langsamer, bis es 1806, bei der Bayrischwerdung, wie so vieles andere endgültig aufhörte und verstummte. Soviel über die Müller.

2. Nun aber unsere andere Frage: Was waren es für Brautleute, die die Gelegenheit wahrnahmen, in dem kleinen abgelegenen Kirnberger Kirchlein oder Pfarrhaus sich still und unauffällig zusammengeben zu lassen? In den Wassern, die unsere Heiratsmühle durchströmten, spiegeln sich zunächst einmal, wie in anderen Pfarreien auch, familiengeschichtliche Verhältnisse wider. Am häufigsten war es wohl die schwangere Braut, die kein Kränzlein tragen durfte und, wie es im Traubuch von Hlg. Geist Rothenburg einmal so hübsch heißt, »den Altar mit vier Augen angesehen«, die den Anlass zu einer solchen stillen auswärtigen Trauung gab. Oder es waren Ehen von verwitweten oder geschiedenen Leuten, auch solche von anderer Konfession, die einen Trauort suchten, wo sie niemand kannte. Das Gleiche taten auch Angehörige von zweifelhaften oder "unehrlichen" Berufen, Fallmeister oder -knechte, Scharfrichter oder deren Gehilfen oder die unbeliebten Salpeterschürfer, die "Saliterer".

Weit interessanter aber werden die Wasser unserer Heiratsmühle, wenn sich in ihnen nicht nur familiengeschichtliche, sondern zeitgeschichtliche Vorgänge und Verhältnisse abspiegeln. Und das ist nun in Kirnberg in reichem Maße der Fall. »Die hergelaufenen Leute und das Lumpengesindel«, vor dem Pfarrer Sandel so brüderlich verwarnt, sind zum allergrößten Teil aktive oder ehemalige Soldaten gewesen. Die großen Kriege des 18. Jh. schimmern hier in den Traueinträgen dieser kleinen Leute immer wieder durch. Ehemalige Musketiere und Grenadiere, Kürassiere und Dragoner, Husaren und Artilleriaten, der Tambour wie der Feldscher treten in buntem Wechsel an den Traualtar. Witwen, deren Mann im 7-jährigen Krieg gefallen oder auf dem weißen Berg vor Prag geblieben ist, suchen sich einen neuen Lebensgefährten. Angehörige der brandenburg-onolzbachischen Völker, die sich (von ihrem Markgrafen verkauft) nach Holland begeben, suchen vor ihrem Abmarsch das Kirnberger Kirchlein auf. So taucht in diesen scheinbar so trockenen und uninteressanten Einträgen auf einmal neben den weltbekannten Namen der ruhmreichen Könige, Fürsten und Feldherren das Bild des "unbekannten Soldaten des 18. Jahrhunderts" auf, das Schicksal der Ungezählten, die dem Befehl jener Großen unterstanden und ihre Schlachten schlugen. Als "abgedankte" Soldaten mussten sie nun »ihrem Brot nachgehen«. Wer Glück hatte, der fand ein Unterkommen im Dienste einer Stadt als "Landsknecht", eines Dorfes als Feldhüter, Viehhirt oder Schäfer, oder eines adeligen Herrn als Hirschoder Wildbretthüter, als vacierender Jäger oder Herrenbedienter. Die große Mehrzahl aber tauchte unter in dem Gewühl der fahrenden Leute, das die Landstraßen nach Kriegszeiten bevölkerte. Krebs-, Fisch- und Maulwurffänger stehen neben Musikanten, Komödianten und Seiltänzern. Die Zunft der Kessel-, Pfannen- und Wannenflicker, der Mausfallen- und Hechelmacher ist ebenso vertreten wie die der Hafenbinder und Kammschneider, der Scherenschleifer und Sägenfeiler. Bei dem "Krebenmacher" finden wir das nämliche Wort, das wir heute noch für "Korb" gebrauchen, während der wohl gleichbedeutende "Kirbnzeiner" (zeinen mhd. =flechten; vgl. Zaun=Flechtzaun) unsere immer mehr aussterbende "Zahna" (= geflochtener Wagenkorb zum Einlegen in den Leiterwagen) anklingen lässt. Auch der Beruf eines Muckenwedelmachers oder "Schwammmachers" (zum Feuerschlagen mit Stein und Stahl) würde heute seinen Mann nicht mehr ernähren.

So ist es ein Kulturbild ganz eigener Art, das sich hier dem besinnlichen Leser bietet; der Familien- oder Ortsgeschichtsforscher aber sei auf das Vorhandensein solch ortsfremder Traueinträge in den Kirnberger Kirchenbüchern ausdrücklich hingewiesen, zumal ein sorgfältig angelegtes Register ihm mit einem Blick Auskunft darüber geben kann, ob sein Suchen Erfolg hat oder nicht. Freilich, wenn er bei seiner Ahnin einen Eintrag wie etwa diesen findet, »die ihren Vater nicht gekannt, sondern von ihrer Mutter, die mit ihr in einer Scheune niedergekommen, soviel gehört, dass er Tabakspfeifenkopfschnitzer war«, dann dürfte auch dem scharfsinnigsten Forscher ein Ziel gesetzt sein, es sei denn, dass er das kunstvolle Erzeugnis seines dunklen, tabakspfeifenkopfschnitzenden Ahnherrn in einem neuen Familienwappen verewigen wollte. Dem Rauch, der einem solchen Pfeifenkopf entquillt, würde jedenfalls die symbolische Bedeutung nicht fehlen und ihn an die Vergänglichkeit alles Irdischen mahnen. Denn auch wir vergehen und verwehen spurlos wie Rauch im Wind, wie auch all die vielen längst vergingen und verwehten, die einstmals hinaufwallten zur Heiratsmühle von Kürenberg.

Aus "Kirnberg, Chronik eines fränkischen Dorfes" von Anton Müller 1985

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